Drohende Harzring-Freileitung in der Nähe des Dingelstedter Landeplatzes bedeutet Gefährdung der Flugsicherheit
Die Nachricht, dass die 110-KV Leitung nach Dingelstedt nun als Freileitung kommen soll, empfinden die Dingel-stedter Luftsportler wie einen Schlag ins Gesicht. Eine Freileitung in Flugplatznähe gefährdet die Sicherheit des Flugverkehrs. Daher wollen sich die Flieger wehren. Von Ramona Adelsberger
Dingelstedt l Erstaunlich ruhig war es in der Huy-Region unmittelbar nach Bekanntwerden der Pläne des Netzbetreibers Avacon geblieben, die 110 KV-Leitung von Wasserleben nach Dingelstedt als Freileitung bauen zu wollen.
Doch nun werden Stimmen laut, die nachhaken und über Widerstand nachdenken. Eine dieser Stimmen kommt vom Flugplatz Dingelstedt, der von einer 40 Meter hohen Freileitung parallel zur Landebahn und im direkten Bereich der sogenannten Platzrunde direkt betroffen wäre. „Ich bin schwer enttäuscht“, betont Dirk Spangenberg, Vorsitzender des Luftsportvereins. Dabei meine er nicht nur die Entscheidung selbst, sondern die gesamte Art der Kommunikation mit der Avacon. „Persönlich haben mir zwei zuständige Vertreter der Avacon sogar mit Handschlag versprochen, dass der Verein sofort informiert wird, wenn eine Entscheidung fällt.“
Letztendlich erfahren habe er die Hiobsbotschaft aus der Volksstimme. Bis heute habe er von der Avacon dazu kein einziges weiteres Wort gehört. „Ich bin vor allem auch entsetzt, dass alle schlüssigen Argumente gegen eine Freileitung, von denen es wirklich genug gibt, am Ende einfach weggebügelt worden sind.“
In den vergangenen Monaten war Dirk Spangenberg mehrfach mit Vertretern der Avacon und des zuständigen Planungsbüros in Kontakt gekommen. Er habe dabei den Eindruck gehabt, dass sich diese Gesprächspartner tatsächlich für die Situation der Luftsportler einsetzen würden. „Alle, mit denen ich gesprochen habe, haben unsere Bedenken geteilt.“ Genützt habe es nichts.
Sogar Innenminister Holger Stahlknecht (CDU) hatte sich bestürzt über die Pläne der Avacon, innerhalb der sogenannten Platzrunde eine Freileitung bauen zu wollen, gezeigt. Er hatte sich die Verhältnisse sogar aus der Luft betrachtet.
Auch der Bundesfachverband der Ultraleichtflieger hat sich in einer Stellungnahme zur drohenden Freileitung geäußert und unterstreicht die Bedenken der Luftsportler. Der Verband spricht sogar von einer abstrakten Gefahr und kommt zu dem Fazit, dass „mit der Errichtung der 110-KV Hochspannungsleitung im Bereich der Platzrunde des Flugplatzes Dingelstedt ein Hindernis entsteht, das zu einer Gefährdung des Flugverkehrs führen und die Nutzbarkeit des Flugplatzes einschränken könnte.“ Zudem weist der Verband auf die Kennzeichnungspflicht einer Stromleitung hin, die in Flugplatznähe vorgeschrieben ist. Das würde konkret bedeuten,, dass die 40 Meter hohen Masten einen rot-weißen Anstrich erhalten und die Stromleitung selbst mit großen rot-weißen Ballons markiert wird. „Wer dann noch einen freien Blick auf den Huy erwartet, wird enttäuscht“, so Spangenberg. Er hofft nun, dass sich viele Bürger und diejenigen, die sich an der Online-Petition „Freie Sicht auf Huy und Bruch“ beteiligt hatten, gemeinsam gegen die Pläne der Avacon Sturm laufen.
Hintergrund ist, das die Avacon die Stromversorgung im Huybereich mit dem sogenannten Harzring zwischen Wasserleben und Dingelstedt stabilisieren wird. „Dieser Ausbau ist grundsätzlich dringend nötig und soll keinesfalls behindert werden“, betonen die Freileitungsgegner. Doch sie fordern eine Verlegung als Erdkabel. Für die Trassenführung waren zunächst zwei Varianten in der Planung, nun hat sich die Avacon für die nördlichere Huy-fernere Trasse entschieden, allerdings als Freileitung.Nähere Erläuterungen zu dieser Entscheidung will die Avacon am Dienstag, 28. Mai, um 18 Uhr im Dorfgemeinschaftshaus von Eilsdorf geben.
Das Argument der Avacon, dass die Kosten einer Erdkabelvariante für diese Nordtrasse zu hoch seien (gesetzlich ist ein Faktor von höchstens 2,75 vorgesehen), will Dirk Spangenberg nicht so einfach stehen lassen. Bei Recherchen sei er auf Techniken zur grabenlosen Verlegung von Erdkabeln gestoßen, die vergleichsweise preiswert sein sollen. „Es gibt die Kabelpflugtechnik und die Horizontalspülbohrtechnik.“ Laut Beschreibung wären beide Techniken durchaus auch für den Harzring geeignet. Hinweise dazu habe er bereits an das für die Trasse zuständige Planungsbüro gesendet, allerdings bisher keinerlei Reaktion erhalten. Auch das sei für ihn sehr enttäuschend.
Große Hoffnung setzen die Dingelstedter Luftsportler nun in eine Bürgerinitiative, die sich am Sonnabend, 18. Mai, gründen soll. Interessierte Bürger, die sich angesprochen fühlen und einbringen wollen, sind um 17 Uhr eingeladen. „Weil wir Luftsportler von einer solchen Freileitung ganz besonders betroffen wären, laden wir auf unseren Flugplatz ein und kümmern uns um die Versorgung“, so Spangenberg.
Halberstädter Volkstimme vom 07. Mai 2019